Auge und Kamera

Wie ich bereits auf anderen Seiten angedeutet habe, ist es ein großer Unterschied, ob man nach der Natur malt oder nach einem Foto. Auge und Kamera haben grundsätzlich unterschiedliche Funktionsweisen, die zu einer völlig unterschiedlichen Wahrnehmung führen. Grundsätzlich kann man sagen, dass eine Kamera das Bild einheitlich belichtet (meistens wird ein Mittelwert aus dem Zentrum des Bildes gewählt), während das Auge die Informationen der Sehzellen miteinander vergleicht.

raster weiss

Wenn Sie die Grafik betrachten, werden Sie feststellen, dass an den Kreuzungen der weißen Linien graue Punkte erscheinen. Das liegt daran, dass an den Grenzen zwischen schwarz und weiß die Kontraste von den Sehzellen verstärkt werden, das heißt, dass zwischen den schwarzen Quadraten die weißen Linien heller erscheinen. An den Kreuzungen kommt es nicht zu dieser Verstärkung, so dass hier graue Punkte erscheinen. (Nur die Kreuzung, die Sie gerade ansehen, hat keinen grauen Punkt, denn im Zentrum Ihrer Netzhaut befindet sich der “gelbe Fleck”, der die höchste Dichte der Sehzellen aufweist und daher auf Kontrastverstärkung verzichtet.)

Die beiden linken Fotos sind mit einer herkömmlichen Digitalkamera gemacht. Links orientiert sich die Belichtung an den Lichtverhältnissen im Schatten neben dem Tor, rechts an den Lichtverhältnissen auf dem Weg in der Sonne. Dadurch ist jeweils ein Teil des Bildes über- bzw. unterbelichtet.

Das Bild ganz rechts ist eine Fotomontage, die so in etwa darstellen soll, wie unser Auge das ganze sehen würde.

Diese Fähigkeit des Auges, Kontraste zu verstärken, hilft uns bei der räumlichen Wahrnehmung, besonders wenn die Kontraste zwischen zwei Flächen recht schwach sind. Und natürlich besonders in der Malerei, denn dort geht ein großer Teil der Raumwahrnemung verloren, da man ja nur auf zweidimensionalen Malgründen arbeitet.

Chateau St. Côme 40x60cm 2008 klein

Beachten Sie die Hauskante: Die beiden Ockertöne der Hauswand hatten hier fast den gleichen Helligkeitswert! Um die Kante besser sehen zu können, habe ich die Kontraste etwas verstärkt, indem ich die dunklere Seite noch etwas abgedunkelt habe.

Ebenso bin ich bei den Schatten vorgegangen, die auch zu den Rändern hin etwas dunkler werden.

Diese Kantenverstärkung findet man z. B. auch oft bei Bildern von Cezanne.

Chateau St. Côme 40x60cm 2008 Ausschnitt

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